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Zu aktuellen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen veröffentlichen wir laufend unsere Beiträge in Fachzeitschriften. Überzeugungsarbeit beginnt mit einer fundierten Meinungsbildung.

 
 

Baumängel und die sorgenfreie örtliche Bauaufsicht?

 

Monatsbrief Initiative Baukunst 11/2019 - Initiative Baukunst / Newsletter

Die örtliche Bauaufsicht (ÖBA) hat die Interessen des Bauherrn gegenüber den sonstigen Professionisten im Bauvorhaben wahrzunehmen. Sie ist damit die rechte Hand des Bauherrn. Die Anforderungen an die ÖBA sind leicht festzumachen: Sie soll das plangemäße Bauwerk ohne Mängel im vorgegebenen Kostenrahmen sicherstellen. So einfach dies auch klingt, zeigt die Praxis und die Vielzahl an gerichtlichen Bauprozessen, dass die frommen Wünsche der Bauherrn nicht immer in dieser Klarheit erfüllt werden. Wenn also die typischen Baumängel auftreten, findet sich die ÖBA rasch zwischen den Fronten und damit zwischen dem eigenen Auftraggeber (Bauherrn) und dem schlechtleistenden Bauunternehmer wieder. Ein Wassereintritt wegen mangelhafter provisorischer Abdeckung oder ein nicht normgemäß ausgeführtes Gefälle der Abdichtung wird gerne auch der ÖBA angelastet (Mitverschulden). Die Hemmschwelle für Schuldzuweisungen gegenüber der ÖBA ist meist gering und auf die folgenden typischen Vorwürfe zurückzuführen:

Vorwurf: Die ÖBA war kaum anwesend und hat deswegen ihre Funktion gar nicht erfüllt!

Muss die ÖBA von früh bis spät jeden Arbeitsschritt mitverfolgen? Dass die ÖBA nicht hinter jedem Arbeiter auf der Baustelle stehen und jeden Handgriff mitverfolgen kann, ist auch den Höchstgerichten bewusst. Im Übrigen dürfen die ausführenden Unternehmen nicht erwarten, dass die vom Bauherrn eingesetzte ÖBA deren Arbeiter anleitet. Der Oberste Gerichtshof hat erkannt, dass von der ÖBA – insbesondere mit Blick auf das vereinbarte Entgelt – nicht erwartet werden kann, dass diese ständig vor Ort ist (OGH 22.03.2016, 5 Ob 143/15p). Auf den Punkt gebracht gilt, dass zB eine kostengünstige Mann-Monatspauschale keine Vollzeit-ÖBA darstellt. Dieser Vorwurf ist somit rechtlich gesichert schnell von der Hand zu weisen.

Vorwurf: Wenn die ÖBA ihre Aufgabe ernst genommen hätte, wäre der Baumangel früher erkannt worden und hätte billiger behoben werden können!

Inwieweit haftet die ÖBA überhaupt für Ausführungsmängel? Hier gilt das Verursacherprinzip. Wer den Mangel verursacht hat, der haftet. Da die ÖBA keine Bauleistung erbringt, kann sie folglich auch keine Baumängel erzeugen. Grundsätzlich haftet daher immer das jeweilige Bauunternehmen für die selbst erzeugten Baumängel. Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist in diesem Zusammenhang eindeutig und klar: Die ÖBA kann auf die fachgerechte Ausführung der Arbeiten durch ein Bauunternehmen vertrauen und muss nur dort einschreiten, wo Fehler erkennbar sind (RIS-Justiz, RS0021552; RS0058803; RS0108534). Da die ÖBA aber wie zuvor schon festgestellt nicht immer und überall anwesend sein muss, bleibt in der Praxis kaum ein haftungsrelevanter Vorwurf über.

Das Haftungsrisiko der ÖBA ist daher im Falle von Ausführungsmängeln durchwegs gering. Die ÖBA sollte sich daher maßgeblich auf ihre eigenen Leistungen, wie zB die Kollaudierung von Leistungen oder die Rechnungsprüfung, konzentrieren und diese im eigenen Interesse mangelfrei erledigen.

 
Brigitte Berchtold