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Zu aktuellen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen veröffentlichen wir laufend unsere Beiträge in Fachzeitschriften. Überzeugungsarbeit beginnt mit einer fundierten Meinungsbildung.

 
 

Können Planer nur ein echtes Pauschale anbieten?

 

Im Gegensatz zu Planern können Bauunternehmer ein Pauschale kalkulieren.

Ein fixer Preis (Pauschalpreis) ist für Investoren, die bereits mit ihrer Rendite rechnen – während noch nicht einmal das Fundament ausgehoben ist – eine wirtschaftlich vorteilhafte Ausgangslage. Der Oberste Gerichtshof führte aus, dass Pauschalpreisvereinbarungen auch bei erheblicher Überschreitung der Kosten der übernommenen Arbeiten grundsätzlich verbindlich sind (OGH 19.12.2001, 9 Ob 242/01f).
Kein Wunder also, dass sich jeder Bauherr Pauschalpreisvereinbarungen wünscht.

Bauunternehmer haben sich mit dem Wunsch nach Pauschalpreisvereinbarungen arrangiert, weil die Rechtsprechung zuvor auch den Begriff der „unechten“ Pauschale geprägt hat (OGH 15.07.1997, 1 Ob 192/97k). Wenn ein Bauunternehmer für die Angebotslegung fundierte Vorgaben, wie zB eine vollständige Planung samt Bau- und Ausstattungsbeschreibung, erhält, sind damit seine Kalkulationsgrundlagen definiert. Wenn der Bauherr daran nachträglich etwas ändert, besteht ein Recht auf Preisanpassung. Wer also ein Einfamilienhaus mit einem Carport zum Pauschalpreis schuldet, muss nicht zum selben Preis ein Einfamilienhaus mit zwei Garagen errichten. Hierzu findet sich ausreichend Rechtsprechung, welche stets darauf abstellt, womit der Bauunternehmer kalkulieren musste bzw welche Änderungswünsche über das vereinbarte Pauschale hinausgehen und angemessen abzugelten sind.

In der Planungsbranche grassiert nun ebenfalls der stete Wunsch nach Kostenpauschalierungen. Das Ergebnis sind Architektenwerkverträge mit Pauschalpreisen. Aber: Was schuldet der Architekt zum vereinbarten Preis? In einem konkreten Fall wurde die Planung eines Einfamilienhauses mit honorarwirksamen Herstellungskosten von EUR 1 Mio zu einer Pauschale vereinbart. Der Bauherr hob sodann die Qualität des Bauwerkes soweit an, dass letztlich EUR 2 Mio für die honorarwirksamen Herstellungskosten abgerechnet wurden. Der Architekt verlangte nun für die doppelten Herstellungskosten eine Honoraranpassung.

Das Erstgericht wies die Honoraranpassung mit der Begründung ab, dass ein echtes Pauschale vereinbart und daher ein doppelt so teures Haus ebenso geschuldet sei. Der Architekt hat nur funktionale Vorgaben erhalten und nicht auf Basis einer „konstruktiven“ Leistungsbeschreibung kalkuliert. Wie eine solche konstruktive Leistungsbeschreibung für geistige-schöpferische Dienstleistungen überhaupt möglich sein soll, wurde nicht beantwortet. Das Berufungsgericht kam zum selben Ergebnis und stellte dabei – mangels einer Rechtsprechung für die Planungsverträge – ausschließlich auf die vorhandene Judikatur zu Bauwerkverträgen ab. Nur im Falle einer konstruktiven Leistungsbeschreibung wäre eine Preisanpassung wegen nachträglichen Änderungen gerechtfertigt. Nach Ansicht der beiden Gerichte ist die Verdoppelung der Herstellungskosten kein Grund für eine Honoraranpassung.

Sollte sich diese Rechtsansicht festigen, könnte das Planungshonorar bei Pauschalpreisvereinbarungen nur dann angepasst werden, wenn eine eindeutige und vollständige Beschreibung der Leistung (konstruktive Leistungsbeschreibung) der Kalkulation zu Grunde lag. Dies ist für Planungsleistungen naturgemäß unmöglich (siehe auch § 2 Z 17 BVergG). Somit hätte eine derartige Rechtsprechung gravierende Auswirkungen für die Planungsbranche. Es bleibt daher abzuwarten, ob der Oberste Gerichtshof letztlich die Entscheidungen der Vorinstanzen abändert oder die Architekten künftig nur noch „allumfassende und echte“ Pauschalangebote geben können und damit alle Bauherrnwünsche umsetzen müssen. Bis dahin ist die Auslegung der „all-in“ Pauschalpreisvereinbarung fragwürdig: Gilt eine ewige Planungsdauer für unentschlossene Bauherren? Kann sich der Bauherr die Planung für Neuschwanstein anstatt des (vereinbarten) Kleingartenhauses wünschen?

 
Sandro Huber