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Architekt, die „rechte Hand“ des Bauherrn?

 

Monatsbrief Initiative Baukunst 08/2021 - Initiative Baukunst / Newsletter

Setzt der Bauherr mehrere Unternehmen auf der Baustelle ein, erwartet er von diesen, dass diese sich bestenfalls selbstständig untereinander koordinieren und nötigenfalls zwecks Einholung von wichtigen Entscheidungen mit ihm Rücksprache halten. Eine zentrale Rolle kommt dabei dem Architekten zu, der neben seiner klassischen Planungsaufgabe vielfach auch mit weiteren Beratungsleistungen vom Bauherrn beauftragt wird. Dazu zählen beispielsweise die Einholung von Vergleichsangeboten für das von ihm geplante Bauwerk und die spätere Baubegleitung bzw Bauaufsicht samt Rechnungsprüfung. Je umfassender die Aufgaben des Architekten sind, desto eher erkennen die übrigen Projektbeteiligten in ihm die „rechte Hand“ des Bauherrn.

Bereits seit dem Jahr 1952 vertritt der Oberste Gerichtshof die Ansicht, dass ein Architekt, dem die Verwaltung des Bauvorhabens und damit die Geschäftsbesorgung übertragen wurde, auch die Befugnis zukommt, notwendige Werkverträge mit den einzelnen Professionisten abzuschließen bzw diese auch abzuändern. Wird gegenüber den ausführenden Unternehmen nichts Gegenteiliges kommuniziert, können diese davon ausgehen, dass der Architekt bevollmächtigt ist, alle Rechtsgeschäfte für den Bauherrn abzuschließen, die zur Ausführung des Bauvorhabens erforderlich und gewöhnlich damit verbunden sind. Das Gericht gesteht den ausführenden Unternehmen zu, dass sie die konkrete Bevollmächtigung des Architekten nicht hinterfragen müssen. Der äußere Anschein einer umfassenden Vollmacht genügt (OGH 03.12.1952, 2 Ob 897/52).

Wenn ein Architekt erkennbar aber nur Planungsleistungen erbringt (zB Einreichung von Plänen bei der Baubehörde), geht die Rechtsprechung davon aus, dass ein Dritter daraus nicht ableiten kann, dass eine umfassende Vollmacht vorliegt. Die bloße Planungstätigkeit ist daher kein Indiz dafür, den Anweisungen des Architekten blind bzw ohne Rückfrage beim Bauherrn zu folgen (OGH 22.09.1971, 5 Ob 219/71).

Ganz aktuell wurde diese Thematik neuerlich bis an den Obersten Gerichtshof herangetragen. Ein Werkunternehmer (Gewerk HKLS und MSR) klagte seinen restlichen Werklohn beim Bauherrn ein. Dieser verweigerte die Zahlung mit der Begründung, die Installation eines Kreislaufverbundsystems weiche von der Bau- und Ausstattungsbeschreibung und somit vom ursprünglichen Auftrag ab. Gemäß Auftrag wäre ein (vermutlich) kostengünstigerer Rotationswärmetauscher gefordert gewesen. Für den Bauherrn trat ein fachkundiges Unternehmen auf, welches die Fachbauleitung (inklusive Planprüfung, Ausschreibungseinholung und Bauaufsicht) innehatte. Die Entscheidung über die Beauftragung einer alternativen Ausführung (Kreislaufverbundsystem anstatt eines Rotationswärmetauschers) wurde von diesem Unternehmen getroffen. Nach Ansicht des Gerichts durfte der Werkunternehmer darauf vertrauen, dass sein Nachtragsangebot von der Fachbauleitung des Bauherrn rechtskonform beauftragt wurde (OGH 15.03.2021, 4 Ob 30/21x). Damit folgte der Oberste Gerichtshof der zuvor erwähnten Rechtsprechung aus dem Jahr 1952, wonach ein Planer, der mit mehr als nur Planungsleistungen, insbesondere mit der zusätzlichen Bauaufsicht und Rechnungsprüfung beauftragt ist, als „rechte Hand“ des Bauherrn angesehen werden darf.

Kommuniziert ein Bauunternehmer im Falle von Leistungsänderungen nur mit dem Architekten gilt es zu beachten, ob dieser bislang nur als Planer aufgetreten ist oder den Anschein eines umfassenden Bauherrnvertreters macht. Nur bei Letzterem kann auf eine direkte Abstimmung mit dem Bauherrn verzichtet werden. Dann nämlich verpflichtet der Planer den Bauherrn, auch kostenintensive Leistungsänderungen zu bezahlen.

Für Planungsbeteiligte ist es sinnvoll, den Umfang der Vollmacht gegenüber allen Projektbeteiligten zu kommunizieren und auch den Bauherrn dabei einzubinden (dieser hat dann die Möglichkeit zu widersprechen). Allein darauf zu vertrauen, dass der Bauherr gegenüber den übrigen Projektbeteiligten über das konkret bestehende Vollmachtsverhältnis aufklärt, reicht häufig nicht aus. Das rechtliche Problem, ob Leistungsänderungen zu bezahlen sind oder nicht, stellt sich in der Praxis erst mit der Schlussrechnung aller Gewerke. Wenn zu diesem Zeitpunkt die Kostenwahrheit das vorhandene Budget überholt, werden oftmals kostspielige Leistungsänderungen in Frage gestellt. Wer als Bauunternehmen oder als Planer davon nicht überrascht werden will, sollte notwendige Auftragsänderungen stets gegenüber dem Bauherrn kommunizieren.

 
Brigitte Berchtold