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Keine Haftung für Ausführungsmängel auf Grundlage der Einreichplanung

 

Monatsbrief Initiative Baukunst 07/2021 - Initiative Baukunst / Newsletter

Die Digitalisierung bringt auch für die Geltendmachung von Gewährleistungsmängeln mitunter interessante Forderungsansprüche gegen ArchitektInnen hervor. Zu Zeiten als Planungsleistungen noch in Papierform erstellt wurden, war die Unterscheidung zwischen den Teilleistungen Vorentwurf, Entwurf, Einreich- und Ausführungsplanung selbsterklärend. Allein aufgrund des Zeichnungsmaßstabs (M 1:200, 1:100, 1:50 bzw Details in M 1:20 oder gar in 1:10) war klar ersichtlich, zu welchem Zweck der Papier-Plan erstellt worden ist.

Für die wenig detailreiche Einreichplanung reichte ein gröberer Maßstab, weil der Zweck bloß darin liegt, die baubehördlichen Bestimmungen überprüfen zu können. Für die Ausführungsplanung musste dagegen ein detailreicherer Maßstab gewählt werden, weil der Zweck eben die Realisierung des Bauwerkes darstellt.

Schon längst werden die Pläne allerdings digital erstellt, weshalb die Schnittstellen zwischen Vorentwurf, Entwurf, Einreich- und Ausführungsplanung verschwimmen. Die Digitalisierung lässt eben jeden Maßstab zu und mittels Layern können Details ein oder ausgeblendet werden. In vielen Einreichplänen werden zuweilen bereits die Layer detaillierter Leitungsführungen für HKLS und Elektroinstallationen abgebildet. Aus diesem Grund gehen Auftraggeber beim Anblick detaillierter Einreichpläne davon aus, dass weitere Planungsleistungen gar nicht mehr erforderlich seien und ein bauausführendes Unternehmen das Vorhaben anhand der vorliegenden DWG-Files bereits umsetzen kann. Der Planungsauftrag endet sodann überraschend nach der Einreichplanung. Die Auftraggeber bedenken allerdings nicht, dass im Zuge der Teilleistung „Ausführungsplanung“ die eine oder andere Präzisierung im Detail erfolgen muss, da die Angaben in der Einreichplanung eben nur rudimentäre Angaben darstellen.

Nunmehr hat sich der Oberste Gerichtshof (OGH 25.02.2021, 3 Ob 143/20f) mit einem solchen Sachverhalt beschäftigt, wonach ein Bauherr nach den Einreichplänen des Architekten einen Dachgeschossausbau errichten ließ und die (zu erwartenden) Baumängel auf Planungsmängel des Architekten zurückführen wollte. Mit dem Urteil griff der Senat das praktische Problem sehr zutreffend auf: Eine Leistung ist nämlich nur dann mangelhaft, wenn sie qualitativ oder quantitativ hinter dem Geschuldeten, das heißt dem Vertragsinhalt, zurückbleibt. Wenn der Architekt mit der Planung für eine Baubewilligung beauftragt war und diese Baubewilligung erlangt wurde, so kann die Leistung nicht mangelhaft gewesen sein. Oberdrein führte das Gericht aus, dass eine bloße Einreichplanung von vornherein keine geeignete (alleinige) Grundlage für die Bauausführung sein kann. Dies kann auch so weit gehen, dass tatsächlich vorhandene Mängel in der Einreichplanung zu keiner Haftung des Architekten führen.

Für die Praxis bedeutet dies: Als Planungsdienstleister sollte jedenfalls vermieden werden, dem Auftraggeber einen vorauseilenden Planungsstand zu übermitteln. Selbst wenn bereits die Einreichplanung überschritten wurde, sollte für die behördliche Einreichung nur die erforderliche Planungstiefe übergeben werden. Anderenfalls ist es nicht verwunderlich, wenn sich ein bauausführendes Unternehmen bereit erklärt, die detaillierten Pläne umzusetzen und der Bauherr keine Kosten für die weitere Ausführungs- und Detailplanung ausgeben möchte. Im Übrigen ist mit dieser höchstgerichtlichen Entscheidung endgültig sichergestellt, dass die Teilleistung „Einreichung“ mit der erteilten Baugenehmigung vollständig und mangelfrei erfüllt ist. Honorarabzüge nach rechtskräftiger Baugenehmigung sind damit nicht mehr gerechtfertigt.

 
Brigitte Berchtold