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Zu aktuellen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen veröffentlichen wir laufend unsere Beiträge in Fachzeitschriften. Überzeugungsarbeit beginnt mit einer fundierten Meinungsbildung.

 
 

Honorarordnungen richtig vereinbaren

 

Monatsbrief Initiative Baukunst 10/2021 - Initiative Baukunst / Newsletter

In Österreich wurde die Verbindlichkeit der Honorarordnungen der Ziviltechniker seit 1990 stetig reduziert. Bis dahin war es ZiviltechnikerInnen standesrechtlich verboten, ihre Leistungen günstiger anzubieten als dies in den Honorarordnungen vorgesehen war. Ein Preisdumping führte in diesem Fall zur disziplinarrechtlichen Konsequenz für den „Honorarbrecher“. Allerdings entschied der Verfassungsgerichtshof dann zugunsten einiger Kläger, die darin eine Einschränkung des freien Marktes erkannt haben. Ab 1990 durfte ein Planungshonorar unterhalb der Honorarordnung angeboten werden. Die Honorarordnungen wurden weiterhin von den Ziviltechnikerkammern publiziert und waren jedem Auftraggeber frei zugänglich.

Mit der Kartellrechtsnovelle im Jahr 2006 tat sich für die Honorarordnungen eine weitere durchaus gravierendere Flanke auf. Gemäß den neuen kartellrechtlichen Bestimmungen waren auch unverbindliche Honorarordnungen geeignet, aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen des Anbietermarktes zu erzeugen. Kurz um, wenn die Interessensvertretungen Honorarordnungen (bzw Honorarleitlinien) publizieren, dient dies lediglich dem Zweck, dass sich die Mitglieder daran orientieren und ihre wirtschaftlichen Angebote darauf abstellen. Sohin war in Österreich das Ende der Honorarordnungen endgültig besiegelt, weil diese von der Interessensvertretung nicht mehr öffentlich publiziert werden durften (anderenfalls drohte der Interessensvertretung ein kostspieliges Kartellrechtsverfahren samt Strafe). Auch die in Deutschland geltende HOAI ereilte dieses Schicksal, wenngleich auch erst durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes im Jahr 2019 (EuGH 04.07.2019, Rs C-377/17).

Trotz aller rechtlichen Rahmenbedingungen erfreut sich die Honorarordnung für Architekten (HOA) weiterhin großer Beliebtheit. Der Grund liegt daran, dass kreative Leistungen im Allgemeinen nur sehr schwer in Umfang und Qualität messbar sind. Es sind daher viele Faktoren zu berücksichtigen, um ein „Stück“ Plan oder ein „Stück“ Gutachten in Geld zu bemessen. Die HOA hat sich über Jahrzehnte entwickelt und stellt eine allseits einfache Berechnungsmethodik dar.

In der Vertragsgestaltung stellen gerade undefinierte Vertragsgrundlagen eine rechtliche Herausforderung dar. Als bestes Beispiel dienen die vertraglich vereinbarten Normen, die in jedem Vertrag über einen technischen Leistungsinhalt zu finden sind. Normen müssen nach der Rechtsprechung ausdrücklich vereinbart werden, um überhaupt Anwendung zu finden; sie sind nicht allgemein gültig. Es empfiehlt sich auch, die jeweilige Fassung der Norm vertraglich zu vereinbaren. Im Zweifel gilt die Fassung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder der Angebotslegung. Wenn zwischen Angebotslegung und Vertragsabschluss oder den beiderseitigen Unterfertigungen am Vertrag ein längerer Zeitraum liegt und zwischenzeitig eine Norm novelliert wurde, kann die Suche nach der wirklich vertraglich vereinbarten Fassung einer Norm meist in einem Tohuwabohu enden.

Wenn nun in einem Planungsvertrag die Abrechnung gemäß HOA vereinbart wurde, ist das damit einhergehende Rechtsproblem noch diffiziler als bei einer Norm. Während eine Norm bei einem Normungsinstitut eingesehen oder gegen Entgelt in jeder Fassung bezogen werden kann, ist die HOA nur mehr schwer aufzufinden. Institutionen ist es – wie zuvor beschrieben – aus kartellrechtlichen Bestimmungen verboten, Honorarordnungen oder sonstige Honorarleitlinien zu publizieren. Mitunter findet man jedoch „die“ HOA irgendwo im Internet, die Authentizität ist allerdings schwer nachvollziehbar und im Streitfall wird nicht jeder Richter gewillt sein, einer privaten Website und deren Inhalt vollen Glauben zu schenken. Wer sein Honorar vertraglich an die HOA binden will, hat zu berücksichtigen, dass es nicht ausreicht, wenn die HOA im Vertrag bloß erwähnt bzw darauf nur verwiesen wird. Wenn die HOA Vertragsgrundlage sein soll, dann muss der Auftraggeber bei Vertragsabschluss in Kenntnis dieser HOA sein. Im Idealfall wird die HOA dem Vertrag beigehängt. Diese Vorgehensweise ist rechtssicher und im Einklang mit der Rechtsprechung zur Gültigkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Vertragsbeziehung.

 
Sandro Huber