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Nutzungsrechte an Plänen erst nach vollständiger Bezahlung des Planungshonorars?

 

Monatsbrief Initiative Baukunst 04/2021 - Initiative Baukunst / Newsletter

Aus der Praxis der Planer: Die Planungsleistungen werden erbracht und das Bauwerk bereits anhand der übergebenen Pläne errichtet. Plötzlich kommt es – aus welchem Grund auch immer – zum Zerwürfnis mit dem Auftraggeber. Dieser kündigt an, dass er das Projekt mit einem anderen Planer fertigstellen möchte und fordert sämtliche Pläne und Entwürfe – am besten in digitaler Form –, sodass der neue Planer an die Planungsleistungen des ursprünglichen Planers anknüpfen kann. Gleichzeitig verweigert der Auftraggeber aber die Zahlung des noch ausstehenden Planungshonorars. Ist die Zurückbehaltung der Planungsunterlagen bis zur vollständigen Bezahlung zulässig?

Planungsleistungen, die sich von üblichen („durchschnittlichen“) Lösungen gestalterisch abheben, können urheberrechtlichen Schutz genießen. Der Architekt als Urheber kann dann entscheiden, wem er die Verwertungsrechte für die Umsetzung der Planung vertraglich einräumt (Übertragung des Werknutzungsrechts). Höchstgerichtlich wurde bereits klargestellt, dass die Beauftragung eines Planers mit der Erstellung von Plänen für ein Bauwerk, zweifellos das Recht des Bestellers miteinschließt, das Bauwerk nach diesen Plänen selbst oder durch einen Dritten errichten zu lassen (RIS-Justiz RS0077654). Dies ergibt sich bereits aus dem praktischen Vertragszweck eines Planungsauftrages, der regelmäßig mit dem Ziel geschlossen wird, nach den erstellten Plänen zu bauen.

Da es sich bei einem Planungsvertrag um einen Werkvertrag handelt, wird das Entgelt erst nach Fertigstellung und Übergabe der Planungsleistungen fällig; das Nutzungsrecht an den Plänen steht dem Bauherrn aber – nicht zuletzt aus praktischen Erwägungen – sofort zu. Der Oberste Gerichtshof hat bestätigt, dass das Werknutzungsrecht zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und nicht erst nach Bezahlung des Planungshonorars auf den Auftraggeber übergeht (OGH 26.08.2008, 4 Ob 117/08x).

Kommt es nun zu einer vorzeitigen Vertragsbeendigung, stellt sich die Frage, ob dem Auftraggeber die Nutzung der Pläne nachträglich wieder entzogen werden kann. Dabei kommt es nicht nur auf den konkreten Leistungsumfang des Planungsauftrages an, sondern auch auf den Baufortschritt zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung (OGH 26.08.2008, 4 Ob 117/08x). Kündigt der Auftraggeber den Vertrag vorzeitig, obwohl der Planer mit „sämtlichen“ Planungsleistungen – vom Vorentwurf bis zur Fertigstellung – beauftragt war, gesteht man dem Planer zu, dass er dem Auftraggeber bei Nichtzahlung des Honorars die weitere Nutzung der Pläne (allenfalls gerichtlich) untersagt. Auf die Leistungen des ursprünglichen Planers soll ein neuer Planer nur dann aufbauen dürfen, wenn das Honorar vollständig bezahlt wurde. Immerhin hätte der ursprüngliche Planer bei Aufrechterhaltung des Vertrages bis zum Ende des Projekts noch weiterverdient, was ihm durch die vorzeitige Beendigung verwehrt wird.

Strenger sieht der Oberste Gerichtshof den Fall, wenn ein Planer nicht mit sämtlichen Planungsleistungen, sondern nur mit einem Teil (zB nur bis zur Einreichung des Projekts), allenfalls auch nur stufenweise, beauftragt war. Hierbei hat der Planer keine Chance, sein offenes Honorar damit „herauszupressen“, dass er dem Auftraggeber die Benutzungsberechtigung seiner Pläne entzieht. Dies gilt vor allem dann, wenn die Realisierung der Pläne bereits im Gange ist und Streitigkeiten über offene Honorarforderungen des Planers bestehen.

Möchte sich ein Planer bestmöglich absichern, muss er bereits im Vertrag vorsehen, dass das Recht zur Benützung der Pläne erst nach vollständiger Bezahlung des Honorars auf den Auftraggeber übergeht (sogenannter „urheberrechtlicher Eigentumsvorbehalt“). Die Formulierung eines Eigentumsvorbehalts bei geistigen Leistungen gestaltet sich aber komplexer als bei klassischen Kaufverträgen. Ein Baustofflieferant kann bei Nichtbezahlung – quasi im Wege der Selbsthilfe ohne Gerichtsverfahren – seine Waren wieder abholen. Das Produkt der „geistigen Schöpfung“, also einer immateriellen Leistung, kann aber nicht so einfach wieder zurückgefordert werden. Einem Urheber von Bauplänen bleibt daher nur die gerichtliche Verweigerung der Benützung seiner Dienstleistung und – falls bereits nach seinen Plänen in unzulässiger Weise gebaut wurde – ein finanzieller Ersatz.

 
Brigitte Berchtold