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Offenes Planungshonorar in der Gerichtspraxis

 

Monatsbrief Initiative Baukunst 05/2021 - Initiative Baukunst / Newsletter

Aus der Gerichtspraxis: Wer sein Planungshonorar nach den üblichen Bedingungen der Honorarordnungen anbietet, hat ein Recht auf Bezahlung eines bestimmten Prozentsatzes der geplanten Herstellungskosten. Soweit die gelebte Praxis in der Bauwirtschaft. Wenn es aber darum geht, ein offenes Planungshonorar einzuklagen, trifft die bauwirtschaftliche Praxis samt vermeintlicher Handschlagqualität auf die weniger umgängliche Gerichtspraxis. Die üblichen Probleme bei der gerichtlichen Durchsetzung von Architektenhonorar sind dabei:

Pauschalpreis oder Prozentsatz?

Die meisten zahlungsunwilligen Bauherren versuchen zunächst den Ausweg über einen Pauschalpreis. Auch ein Planungsangebot nach Prozentsätzen hat am Ende einen Preis stehen. Dieser errechnet sich anhand der „geschätzten“ Herstellungskosten und steht daher – nach Ansicht des anbietenden Architekten – nicht als ein Fixpreis im Angebot, sondern als eine vorläufige Variable. Vor allem die besonders geschützten Konsumenten ziehen vor Gericht allzu oft dieses Ass aus dem Ärmel und berufen sich auf die Unerfahrenheit im Umgang mit Honorarordnungen und variablen Planungskosten. Im Jahr 2020 hat sich der Oberste Gerichtshof zu diesen Ausflüchten klar positioniert (OGH 25.03.2020, 6 Ob 246/19y): „Die Bezeichnung als ‚vorläufige Auftragssumme‘ genügt allerdings als ausdrücklicher und hinlänglich deutlicher Hinweis des Unternehmers, die Richtigkeit der Kostenschätzung nicht zu garantieren“ – und zwar auch gegenüber Konsumenten.

Kurz um, wer einen Prozentsatz der Herstellungskosten abrechnen möchte, sollte den endgültigen Eurobetrag am Angebot als „vorläufige Auftragssumme“ bezeichnen (oder eine ähnlich deutliche Erklärung verwenden). Damit kann dieses Problemfeld umschifft werden.

Höhe des Honorars bei vorzeitiger Vertragsbeendigung?

Wenn der Auftraggeber, aus welchen Gründen auch immer, mit Zahlungen in Verzug gerät, ist der Wille, die Planung fortzusetzen, verständlicherweise enden wollend. Allerdings sieht das Gesetz nicht vor, dass der Planer seine Leistungen einfach einstellen darf. Beim Werkvertrag gilt nämlich der Grundsatz, dass die Bezahlung erst nach vollständig mangelfreiem Werk fällig ist (§ 1170 ABGB, erster Satz). Der Planer ist daher vorleistungspflichtig. Hiermit ist die erste Hürde zu nehmen: Wer also nicht ohne Aussicht auf sein Honorar weiter leisten möchte, muss zunächst gerechtfertigt vom Vertrag zurücktreten. Viele vergessen, dass aufgrund der Vorleistungspflicht beim Werkvertrag ohne vorhergehenden Rücktritt vom Vertrag eine gerichtliche Geltendmachung des Honorars nicht möglich ist. Die Rücktrittsmöglichkeiten sind individuell zu wählen, um das Gericht von der Notwendigkeit besser überzeugen zu können.

Ist der Vertragsrücktritt vollzogen, ist die zweite Hürde zu nehmen: Beim vorzeitigen Vertragsrücktritt musste auch nicht das gesamte Werk geleistet werden. Das Gesetz spricht davon, dass sich der Planer anrechnen lassen muss, was er sich durch die nicht vollständige Leistung erspart hat (§ 1168 Abs 1 ABGB). Genau darin liegt aber die Schwierigkeit im Umgang mit den Honorarordnungen. Die einzelnen Teilleistungen, wie zB die geschäftliche oder künstlerische Oberleitung, stehen quasi in Wechselwirkung mit den Teilleistungen der Planung (Vorentwurf, Entwurf, Ausführungsplanung). Erfolgt der Rücktritt in der Phase der Ausführungsplanung, können zunächst die Teilleistungen Vorentwurf, Entwurf und Einreichung mit 100% bewertet werden, weil diese eine Voraussetzung für die spätere Ausführungsplanung darstellen. Die Leistung der „Oberleitung“ (technisch, geschäftlich, künstlerisch) ist dann aber schon nur mehr anteilsmäßig zu ermitteln. Ebenso wie die abgebrochene Teilleistung der Ausführungsplanung. Einzig die technische Oberleitung sieht in § 3 Abs 7 HOA eine fixe Zuteilung vor (jeweils 1/5 zu Vorentwurf, Entwurf, Einreichung und die restlichen 1/5 zur Ausführungsplanung). Es ist sodann auch die Beweispflicht des Planers, den Grad der Fertigstellung dem Gericht zu verdeutlichen.

Im Ergebnis setzt die Honorarberechnung bei vorzeitigem Vertragsrücktritt eine gute Kenntnis der vereinbarten Honorarordnung voraus. Zudem darf das Gericht nicht verleitet werden – vor lauter Annahmen und Rechenschritten – die Klage wegen „Unschlüssigkeit“ zurückzuweisen (HG Wien 25.10.2019, 66 Cg 12/18h). Ähnlich wie in einem Vorentwurf gilt es daher, bereits in der Klage eine überzeugende Lösung zu finden, die in der Folge detailliert, aber nicht mehr verändert werden muss. Insofern ist es ohne weiteres möglich, ein – wegen vorzeitigem Vertragsrücktritt – nur geschätztes Honorar ohne Abstriche gerichtlich geltend zu machen.

Umgang mit (absurden) Gegenforderungen?

Zahlungsunwillige Bauherren treten im Falle der gerichtlichen Geltendmachung zumeist auch die Flucht nach vorne an und konstruieren teils erstaunliche Gegenforderungen. Typische Gegenforderungen sind zu hohe Baukosten oder Baumängel, für welche der Planer nun haften soll.

Zunächst ist festzustellen, dass der Generalplaner nicht für bestimmte Baukosten haftet. Schließlich kann der Markt der ausführenden Unternehmen nicht beeinflusst werden. Eine Haftung für bestimmte Baukosten ist nur dann möglich, wenn diese Vertragsgrundlage war, zB weil der Bauherr eine Planung entsprechend seinem fixen Budget wünschte. Dann müsste der Planer warnen, wenn das Budget nicht gehalten wird. Zumeist beauftragt der Bauherr aber selbst seine ausführenden Unternehmen und ist daher stets in Kenntnis der steigenden Kosten, weshalb Kostensteigerungen keine Überraschung darstellen. Die Rechtsprechung ist dazu eindeutig, weswegen hohe Baukosten eine absurde Gegenforderung darstellen.

Ähnliches gilt für die beliebten Gegenforderungen bei Baumängeln. Sowohl die Bestimmungen zur Gewährleistung als auch zum Schadenersatz lasten diese dem Verursacher an. Wer plant, aber seine Pläne nicht selber ausführt, haftet daher bereits dem Grunde nach nicht für eine schlechte Umsetzung. Selbst wenn der Planer auch die Bauaufsicht erbringt, ist eine Haftung nicht automatisch zu bejahen (OGH 22.10.2015, 1 Ob 188/15a).

Die gerichtliche Praxis im Fachbereich Planung ist daher – wie üblich – von gleichartigen Mustern geprägt, weshalb einerseits das Verhalten des zahlungsunwilligen Auftraggebers und andererseits die Zwänge des klagenden Planers gut vorhersehbar sind. Dennoch ist es manchmal erstaunlich, wie Honorarprozesse geführt werden und zu welchen Ergebnissen sie führen.

 
Sandro Huber